Hallo, ich kenne mich mit filtern nicht aus. Kannst du mir das mit dem Grauverlaufsfilter mal erklären?
Mit dieser Frage kam ein Internet Nutzer auf mich zu. Passend zur Rubrik Tips und Tricks – Leser Fragen, Fotografie Daniel Osterkamp antwortet möchte ich in diesem Blog-Post beschreiben, was ein Grauverlaufsfilter ist und wozu man diesen am besten einsetzt.
Schauen wir uns zuerst einmal ein Bild an wie es viele vielleicht aus der eigenen Erfahrung bereits kennen. Eine tolle Landschaft bei Sonnenuntergang. Der Vordergrund liegt bereits im Schatten und damit dieser nicht zu dunkel erscheint belichten wir so, dass die dunklen Stellen hell genug dargestellt werden. Ein Blick auf das Histogramm (mit Exif Angaben) zeigt, dass das Bild in den dunklen Bereichen genügend Zeichnung hat. Schön, denn so soll der im Schatten liegende Teil des Bildes auch aussehen.
Schaut man allerdings auf das andere Ende des Histogramms, so stellt man fest, dass der Himmel noch zu hell ist und dementsprechend sind viele Bildbereiche massiv überbelichtet. Hier setzt der Grauverlaufsfilter an.
Ein Grauverlaufsfilter sorgt in der Landschaftsfotografie für eine ausgewogene Belichtung zwischen Vordergrund (der sehr oft im Schatten liegt) und dem Hintergrund (Himmel). Dieses ist nötig, da eine moderne Spiegelreflexkamera ca. 12-15 Stufen / Blenden (jeweils eine Verdopplung der Lichtmenge) abbilden kann. Das menschliche Auge in Kombination mit dem Gehirn kann viel mehr und selektiver sehen, so dass das Bild bei uns im Kopf voll durchzeichnet wahrgenommen wird. Um nun ein korrekt belichtetes Foto zu erhalten, könnte man zwei Fotos machen oder gar eine Belichtungsreihe und daraus dann ein HDR Bild erstellen oder Bilder ineinander blenden. Es geht aber auch einfacher als das Bild dann erneut in der Bildbearbeitung zusammen zu setzen. Ein Grauverlaufsfilter sieht so aus, dass die Glasscheibe an einem Ende dunkel ist und dann langsam zu einer klaren Scheibe verläuft. Beispielhaft habe ich hier mal verschiedene Typen von Grauverlaufsfilter abgebildet.
Grauverlaufsfilter gibt es als Glasplatten, die mit einem Halterungssystem vor die Linse gehalten werden (wer Geld sparen will kann es problemlos auch mit der Hand vor die Linse halten!) oder als Schraubfilter. Schraubfilter haben den gewaltigen Nachteil, dass der Verlauf immer an der selben Stelle ist. Glaubt mir, es macht keinen Spass, Fotos zu machen, wenn man den Bildaufbau nach dem Filter richten muss. Sprich Grauverlaufsfilter als Schraubfilter haben in meinen Augen keine Daseinsberechtigung und sollte sich jemand diesen Filter zum einschrauben kaufen, dann kauft derjenige vermutlich zweimal! (Oder kennt jemand einen Einsatzzweck für einen Schraub-Grauverlaufsfilter??)
Wie geht man nun vor bei der Belichtung mit den Filtern?
- Ich stelle die Kamera auf Manuellen Modus (keine Angst, es tut nicht weh!)
- Ich suche mir einen Punkt, der hell ist und der noch Zeichnung haben soll. Dann ermittle ich durch Probeaufnahmen die optimale Belichtung und notiere mir den Wert (z.B. 1/2000 Sekunde). (Alternativ Spotmessung)
- Das Selbe mache ich auf den dunklen Bereichen im Vordergrund und erhalte eine Belichtungszeit, die ich mir ebenfalls merke (z.B. 1/250s)
- Jetzt kann ich errechnen, welchen Lichtunterschied mein Filter kompensieren muss. Eine Verdoppelung der Belichtungszeit ist ein Lichtwert/Blende/f-Stop: 250 –> 500 –> 1000 –> 2000. In dem Fall genau 3 Blenden.
- Jetzt greife ich zu meinem Lee ND 0.9 (das sind 3 Blenden) und halte Ihn so vor die Linse, dass der helle Himmel abgedunkelt wird. Et Voilà – das Bild ist im Kasten und ihr braucht nichts mehr Photoshoppen!
- (die oben gezeigten Bilder sind Screenshots direkt aus Lightroom – Kein Photoshop!)
Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, dem kann geholfen werden:
Teilweise sind die Filter in Deutschland nur schwer erhältlich und hier lohnt es sich auch bei Versandhändlern in England oder anderen Europäischen Ländern zu schauen. Dort gibt es die Artikel häufiger, aber auch da muss man sich ggf. auf eine relativ lange Lieferzeit einrichten, da die Produktion wohl recht aufwendig ist. Als Referenz habe ich einen Amazon-Linz eingefügt, damit Ihr wisst, wie die Produkte aussehen.
* – Version mit hartem Übergang – die mit dem Soft-Übergang kann zum Zeitpunkt der Artikelveröffentlichung nicht mehr finden.
* – Vorsicht nicht ganz Farbecht – Siehe Hinweis weiter unten!
* – Vorsicht nicht ganz Farbecht – Siehe Hinweis weiter unten!
Einschränkungen bei der Bildqualität:
Ich selbst nutze Lee Einsteckfilter. Vor dem Kauf habe ich mich informiert und man ließt auch sehr oft im Internet, dass Grauverlaufsfilter von Kokin und HiTech im Abschattungsbereich nicht ganz farbecht sein sollen. Bei Kokin kann ich es bestätigen und bei HiTech ist der Effekt geringer, jedoch habe ich damals direkt das Upgrade von Kokin zu Lee gemacht grade wegen der Farbneutralität. Was bedeutet es für mich, wenn der Filter nicht farbneutral ist? Es bedeutet, dass der Himmel dann nicht mehr Blau sondernim Fall von Kokin leicht Lila wird. Dieses muss ich dann ggf. in der Nachbearbeitung korrigieren. Aber grade die aufwendige Nachbearbeitung will ich ja vermeiden!
Ich denke, wenn man sich die Bewertungen von z.B. Amazon einmal ansieht, wird man dort auch Hinweise zu finden. Klar, Lee Filter sind nicht billig (das Set von 1, 2 und 3 Blenden mit weichem Verlauf) ist für mich aber zum festen Bestandteil meiner Landschaftsfotografie geworden. Auch hier gilt leider „You get what you pay for“.
Ich würde auch jedem das Set von 1-3 weichen Übergängen empfehlen, wenn man sich überlegt Grauverlaufsfilter anzuschaffen.
Hallo Daniel,
könntest Du mich beraten mit welchem ND soll ich
anfangen? Ich vermute, für Landschaften und
Altstadtbilder, wäre das ND09 hard die beste Lösung.
Hallo Jan,
es kommt natürlich immer darauf an, was genau Du fotografieren willst. Bei Landschaften bin ich zum Einstieg mit einem Set von 3 Grauverlaufsfiltern Soft jeweils mit einer, zwei und drei Blenden angefangen. Fairerweise muss ich sagen, dass ich hauptsächlich die zwei und drei Blenden verwende und gelegentlich den einer noch zusätzlich drüber lege (leicht versetzt), so dass man dann teilweise auf 4 Blenden kommt.
Das ist zumindest etwas, wo Du viele Situationen mit erschlagen kannst. Die Filter gibt es auch mit hartem Verlauf, da ist der Übergang nicht so fließend. Dieses eignet sich insbesondere dann, wenn Du abrupte Übergänge hast, wie zum Beispiel bei konstanten Linien und harten Übergängen. Diese Filter sieht man dann aber direkt, wenn man nicht sauber arbeitet. Die weichen sind etwas nachgiebiger, was kleine Fehler angeht.
Bei der Marke würde ich mich daran orientieren, was ich bereits im Text geschrieben habe. Zum ausprobieren, allerdings mit Farbstich eignen sich Cokin oder High-Tec Filter und wenn Du etwas haben willst, was farbecht ist, dann würde ich zu den Lee Filtern greifen. Diese sind allerdings relativ teuer.
Ich hoffe, das hat Dir ein wenig geholfen. Vom ND.9 hart würde ich abraten, außer Du fotografierst ein Haus mit Flachdach im Schatten gegen die Sonne, aber da ist vermutlich der ND.9 auch noch zu schwach.
Oder man spart sich das Geld und verwendet einen vernünftigen Raw Converter der einen guten Grauverlaufsfilter bereits eingebaut hat wo ich dann die Position, den exakten Winkel sowie die Stärke in Ruhe anpassen kann.
Hallo,
ja, das stimmt, man kann es so machen, jedoch hat man dann eine Anpassung im RAW, welches man vornehmen muss. Je nachdem, wie man das Foto aufnimmt muss ich dann die dunkelen Stellen heller machen oder oder helle Stellen dunkler. Wenn ich dann 3-4 Blendenstufen rauf oder runter regel, dann sieht man es später im Endergebnis da es zu Lasten der Qualität geht, denn der Sensor kann nunmal nicht mehr Blenden aufnehmen. Da stößt man sehr schnell an die Grenzen und deshalb mache ich es mit Grauverlaufsfilter vor Ort und wenn dann noch Bedarf besteht, dann kann man Feinjustieren im Rahmen des vertretbaren im Raw-Entwickler.
Zudem spart der Einsatz der Filter Zeit in der Nachbearbeitung. Vor Ort habe ich normal bei der Landschaft immer genug Zeit, den Filter so zu drehen, wie ich es haben möchte. Ich habe sogar mal den Filter während einer Aufnahme gedreht, so dass ich einen Runden Ausschnitt hatte. Das geht in der Software nur sehr zeitaufwendig im RAW-Konvertor.
Danke für den interessanten Artikel. Nach einigen Jahren des Blendings von mehreren Belichtungen gehe ich grad langsam wieder dazu über, Grauververlaufsfilter einzusetzen. Der Grund ist dabei ganz einfach: Ich muss weniger Zeit am PC verbringen. Die Bildbearbeitung geht viel schneller und die versehentlich abgedunkelten Stellen kann ich mit dem Tiefen-Regler leicht wieder zurück holen.
Hi Matthias,
das ist genau meine Denke, viele machen HDR-Fotos, die sehr entfernt von der Wirklichkeit aussehen und mit der Grauverlaufsfilter-Methode kann man die große dynamik-Bandbreite in den Griff bekommen.
Gruß,
Daniel